nous sommes parisDie Durchsage von Schulleiter Johannes Heintges zu den Terroranschlägen in Paris kann in diesem Artikel nachgelesen werden.

Liebe KollegInnen, liebe SchülerInnen,

viele von euch haben am vergangenen Freitagabend sicherlich Fernsehen geschaut und sich mit Millionen Menschen auf ein spannendes Fußballspiel, Deutschland gegen Frankreich, gefreut. Stattdessen wurden wir zumindest am Rande Zeugen eines grausamen Verbrechens: An verschiedenen Orten in Paris haben islamistische Terroristen unschuldige Menschen ermordet – Menschen, so wie wir es sind, Menschen, die einfach feiern wollten, Menschen, die in einem Café, einer Bar, einem Restaurant mit ihren Freunden zusammen gesessen haben und etwas trinken oder etwas essen wollten, Menschen, die in dieser schönen Stadt unterwegs waren oder auf einem Konzert die Musik einer tollen Rockband genießen wollten. Bislang sind 132 Menschen gestorben, Hunderte verletzt und Tausende werden diese Ereignisse nie mehr vergessen. Sie alle haben Eltern oder Kinder, Freunde oder Verwandte, deren Leben nun ebenfalls fürchterlich verletzt wurde.

Bei diesem Anschlag handelt es sich nicht um ein Unglück wie bei einem Erdbeben oder einem Vulkan, sondern um ein geplantes, ein politisches Verbrechen, das sich gegen alle Menschen in Europa und unsere freie Art zu leben richtet. Die Terroristen wollen eine der größten Errungenschaften Europas vernichten: unsere Freiheit! Die Freiheit eines jeden von uns, so zu leben, wie er oder sie selbst das möchte; die Freiheit eines jeden von uns, das zu sagen, was er denkt; die Freiheit, an einen Gott zu glauben oder es nicht zu tun, Christ zu sein, oder Moslem oder Jude oder auch Atheist zu sein; die Freiheit, zu lieben, wen man will und die Freiheit, alles zu tun, wozu man Lust hat, solange man damit die Freiheit anderer nicht verletzt.

Wie wichtig Freiheit und Demokratie sind – das haben wir in Europa u.a. von den Franzosen gelernt, die sich in ihrer Revolution gegen die Bevormundung durch König und Kirche gewehrt haben. Erst im Januar wurde in Paris fast eine ganze Zeitung ausgelöscht, da ihr Humor und ihre Meinung den Islamisten nicht gepasst haben. Die Bürger von Paris haben damals in beeindruckender Weise zusammengehalten und der Welt durch ihre Demonstrationen gezeigt: Wir lassen uns unsere Freiheit und unsere bunte Vielfalt nicht nehmen! Und nun wurden sie schon wieder Opfer eines Terroranschlags. Ähnliches ist bereits vorher in den USA, in Madrid und London passiert. Wir in Deutschland hatten bislang Glück. Aber die Anschläge richten sich auch gegen uns und unsere Art zu leben.

Auch wir – die Ge Kierspe – sind eine sehr bunte, eine freie und tolerante Schule. Wir sind stolz darauf, dass bei uns so viele verschiedene SchülerInnen gut und friedlich zusammenleben, Schüler aus ganz verschiedenen Kulturen – es gibt bestimmt 50 bis 70 verschiedene Muttersprachen an unserer Schule. Das geht nur, wenn wir Verständnis füreinander haben, auch über uns selbst lachen können und in hohem Maße tolerant gegen andere sind. Wir wollen nicht anders sein.

An unserer Schule gibt es auch viele SchülerInnen, die ihre ursprüngliche Heimat verlassen haben und zu uns gekommen sind. Seit diesem Jahr haben wir einige SchülerInnen, die den Terror von Islamisten in ihrer Heimat selbst hautnah erlebt und vor ihm geflohen sind; sie haben z.T. Ähnliches erlebt wie jetzt unsere Mitbürger in Paris, sie haben z.T. eine lange und schreckliche Flucht hinter sich und haben zumeist nichts anderes mehr als ihr eigenes Leben. Wir freuen uns, dass sie jetzt bei uns sind. Und zu Recht betonen unsere vielen moslemischen SchülerInnen, die seit dem 5. Schuljahr bei uns sind, dass wir zwischen dem Islam und dem Islamismus gut unterscheiden müssen.

Die Terroranschläge in Frankreich zeigen uns einmal mehr, dass unsere Art zu leben, unsere Freiheit, keineswegs selbstverständlich ist. Wir müssen wachsam sein und klar Stellung beziehen. Viel steht also auf dem Spiel.

Wir denken heute auch an unsere Partnerschule in Frankreich, Montigny, unweit von Paris, an die SchülerInnen, ihre Eltern und die KollegInnen dieser Schule. Sie sind mit den Auswirkungen des Terroranschlages unmittelbar konfrontiert.

Liebe SchülerInnen und liebe KollegInnen, ich denke, dass ihr im Unterricht über die Ereignisse in Paris sprechen werdet. Jetzt aber bitte ich euch um eine Schweigeminute.

Heute um 12 Uhr werden in ganz Europa alle Menschen innehalten und in einer Schweigeminute der Opfer gedenken. Auch wir werden uns an dieser europaweiten Schweigeminute um 12 Uhr beteiligen.

Ich wünsche uns allen einen nachdenklichen, einen friedlichen Montag und eine gute Woche.

 

Johannes Heintges