Aktion der Gesamtschule Kierspe für unsere Verfassung und zum Schutz der Demokratie
Mit einer Mischung aus Ungläubigkeit, Entsetzen, Fassungslosigkeit, aber auch Zorn und Wut hat unsere Schule die Berichterstattung über die Rechercheergebnisse der Rechercheredaktion Correctiv verfolgt. Im November des letzten Jahres haben sich bei einem Geheimtreffen rechtsextreme Politiker getroffen und darüber phantasiert, was sie machen, wenn sie in unserem Land an die Macht kommen: Sie möchten alle Ausländer und alle Menschen, die nach Deutschland eingewandert sind oder deren Eltern oder Großeltern nach Deutschland eingewandert sind, aus Deutschland vertreiben. Sie sollen in die Länder, aus denen sie, ihre Eltern oder Großeltern hierher gekommen sind, gebracht werden, oder, wenn das nicht geht, nach Nordafrika gebracht werden. Dabei soll es egal sein, ob die Menschen die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder nicht. Diese rechtsextremen Politiker nennen das „Remigration“, klingt harmlos, aber sie meinen Deportation, Vertreibung mit Gewalt. Das ist ein Verbrechen, das ist Rassismus und mit der Verfassung unseres Landes überhaupt nicht vereinbar. Diese Leute wollen ein anderes Land und unsere Demokratie abschaffen. Wir sehen in den Deportationsphantasien auch eine Bedrohung unserer Schule, an der wir uns in besonderer Weise der Integration und unserer Demokratie verpflichtet fühlen: Von den derzeit 1235 Schüler*innen unserer Schule haben 511 Schüler*innen nach unseren offiziellen Schuldaten einen Migrationshintergrund. Das sind ca. 41 %. Nimmt man noch die Großeltern hinzu, dürfte die Zahl noch höher ausfallen. Da die Deportationsphantasien eindeutig verfassungswidrig sind (z.B. gegen Art. 1, 2, 3 und 16 GG) und gegen das geltende Staatsangehörigkeitsrecht verstoßen, konnten und wollten wir auch als Schule ein eindeutiges Zeichen der Solidarität mit unseren, von den Phantasien bedrohten Mitbürger*innen, Schüler*innen und Kolleg*innen mit internationaler Geschichte (Migrationshintergrund) setzen; ein Zeichen gegen Ausgrenzung und Rassismus, ein Zeichen für Demokratie und Menschlichkeit. Vor diesem Hintergrund haben wir heute, Mittwoch, den 24.01.2024, in der 3. Stunde (10:30 – 11:30 Uhr) mit der ganzen Schule, also von Jg. 5-13, eine ganz besondere, handlungsorientierte Form von Unterricht durchgeführt. In der ersten Phase – haben zunächst alle Schüler*innen und auch Kolleg*innen, die nicht in Deutschland geboren sind, ihre Unterrichtsräume verlassen und sind auf das Forum außerhalb des Schulgebäudes gegangen; – es folgten alle Schüler*innen und Kolleg*innen, deren Mutter oder/und Vater nicht in Deutschland geboren sind; – anschließend alle Schüler*innen und Kolleg*innen, deren Großmutter oder Großvater nicht in Deutschland geboren sind. Zum Schluss haben die Schüler*innen und Kolleg*innen, deren Einwanderungsgeschichte schon sehr lange zurückliegt, das Gebäude verlassen und sich auf dem oberen Schulhof vor dem Haupteingang versammelt.
Am Ende sind auch die Schüler*innen und Lehrer*innen mit länger zurückliegender Einwanderungsgeschichte („Bio-Deutsche“) auf das Forum geströmt und haben mit allen anderen wieder eine Einheit gebildet. Als Zeichen unserer Gemeinschaft haben sich alle Schüler*innen und Lehrer*innen untergehakt. Wir haben uns zusammen gefreut. So wurde auch optisch signalisiert: Wir alle gehören zusammen! Schüler*innen und Lehrer*innen kehrten anschließend wieder in ihre Unterrichtsräume zurück. Zu Beginn der dritten Phase wurden die Schüler*innen über eine kurze Ansprache über den Sinn der Aktion informiert (s.u.). Die Kolleg*innen wurden bereits am Sonntag über die Aktion informiert. Im Anschluss sind Schüler*innen und Lehrer*innen in ihren jeweiligen Kursen miteinander ins Gespräch gekommen. In den Gesprächen und Diskussionen wurde u.a. über die Fakten und den Inhalt der Deportationsphantasien aufgeklärt, wurde die Relevanz der Deportationsphantasien für die Schüler*innen selbst, unsere Schule, unsere Gesellschaft, unsere Demokratie bewertet und wurden Ängste angesprochen und nach Möglichkeit genommen. Die Kolleg*innen konnten die Gespräche mit einer Handreichung (Zusammenstellung von Fakten und Quellen, Gesprächs- und Unterrichtsimpulsen) vorbereiten. Zudem gab es seit Sonntag einen regen Chat-Austausch im Kollegium, in dem sich die Kolleg*innen gegenseitig auf gut geeignete Informationen und Materialien (Texte, Filme, Lieder u.a.) aufmerksam gemacht haben. Auch in weiteren Unterrichtsstunden, insbesondere bei den Klassenlehrer*innen, dürfte das Thema wieder aufgenommen und vertieft werden. Das Thema wurde in den letzten 1,5 Wochen auch im Unterricht einzelner Kolleg*innen behandelt. Wir gehen davon aus, dass die Schüler*innen von der Aktion und den Gesprächen auch zu Hause erzählen und mit ihren Eltern ins Gespräch kommen. Dies ist ein beabsichtigter Effekt der Aktion. Die Gesamtschule Kierspe gehört seit vielen Jahren dem Netzwerk Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage an. Wir sind eine Schule der Demokratie und sehen in der kognitiven und performativen Demokratieerziehung eine zentrale Aufgabe unserer Schule. Als Anerkennung für die vielfältigen Formen und Strukturen der Demokratiepädagogik an unserer Schule sind wir im November 2022 mit dem bundesweiten Preis für vorbildliche Demokratiepädagogik der Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik (DeGeDe) ausgezeichnet worden. Da die pädagogische Zielsetzung Priorität hatte, es sich bei der Aktion um Unterricht handelte und die für die Zielsetzung entscheidenden Gespräche zwischen Schüler*innen und Lehrer*innen in einem geschützten und vertrauten Rahmen durchgeführt werden sollten, haben wir uns dafür entschieden, die Aktion schulintern durchzuführen. Daher haben wir auch keine externen Gäste, wie z.B. Gordon Dudas, MdL, den Anti-Rassismus-Paten unserer Schule, eingeladen und auch die Presse nicht vorab informiert.
Mit einer Mischung aus Ungläubigkeit, Entsetzen, Fassungslosigkeit, aber auch Zorn und Wut hat unsere Schule die Berichterstattung über die Rechercheergebnisse der Rechercheredaktion Correctiv verfolgt. Im November des letzten Jahres haben sich bei einem Geheimtreffen rechtsextreme Politiker getroffen und darüber phantasiert, was sie machen, wenn sie in unserem Land an die Macht kommen: Sie möchten alle Ausländer und alle Menschen, die nach Deutschland eingewandert sind oder deren Eltern oder Großeltern nach Deutschland eingewandert sind, aus Deutschland vertreiben. Sie sollen in die Länder, aus denen sie, ihre Eltern oder Großeltern hierher gekommen sind, gebracht werden, oder, wenn das nicht geht, nach Nordafrika gebracht werden. Dabei soll es egal sein, ob die Menschen die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder nicht. Diese rechtsextremen Politiker nennen das „Remigration“, klingt harmlos, aber sie meinen Deportation, Vertreibung mit Gewalt. Das ist ein Verbrechen, das ist Rassismus und mit der Verfassung unseres Landes überhaupt nicht vereinbar. Diese Leute wollen ein anderes Land und unsere Demokratie abschaffen. Wir sehen in den Deportationsphantasien auch eine Bedrohung unserer Schule, an der wir uns in besonderer Weise der Integration und unserer Demokratie verpflichtet fühlen: Von den derzeit 1235 Schüler*innen unserer Schule haben 511 Schüler*innen nach unseren offiziellen Schuldaten einen Migrationshintergrund. Das sind ca. 41 %. Nimmt man noch die Großeltern hinzu, dürfte die Zahl noch höher ausfallen. Da die Deportationsphantasien eindeutig verfassungswidrig sind (z.B. gegen Art. 1, 2, 3 und 16 GG) und gegen das geltende Staatsangehörigkeitsrecht verstoßen, konnten und wollten wir auch als Schule ein eindeutiges Zeichen der Solidarität mit unseren, von den Phantasien bedrohten Mitbürger*innen, Schüler*innen und Kolleg*innen mit internationaler Geschichte (Migrationshintergrund) setzen; ein Zeichen gegen Ausgrenzung und Rassismus, ein Zeichen für Demokratie und Menschlichkeit. Vor diesem Hintergrund haben wir heute, Mittwoch, den 24.01.2024, in der 3. Stunde (10:30 – 11:30 Uhr) mit der ganzen Schule, also von Jg. 5-13, eine ganz besondere, handlungsorientierte Form von Unterricht durchgeführt. In der ersten Phase – haben zunächst alle Schüler*innen und auch Kolleg*innen, die nicht in Deutschland geboren sind, ihre Unterrichtsräume verlassen und sind auf das Forum außerhalb des Schulgebäudes gegangen; – es folgten alle Schüler*innen und Kolleg*innen, deren Mutter oder/und Vater nicht in Deutschland geboren sind; – anschließend alle Schüler*innen und Kolleg*innen, deren Großmutter oder Großvater nicht in Deutschland geboren sind. Zum Schluss haben die Schüler*innen und Kolleg*innen, deren Einwanderungsgeschichte schon sehr lange zurückliegt, das Gebäude verlassen und sich auf dem oberen Schulhof vor dem Haupteingang versammelt.
Am Ende sind auch die Schüler*innen und Lehrer*innen mit länger zurückliegender Einwanderungsgeschichte („Bio-Deutsche“) auf das Forum geströmt und haben mit allen anderen wieder eine Einheit gebildet. Als Zeichen unserer Gemeinschaft haben sich alle Schüler*innen und Lehrer*innen untergehakt. Wir haben uns zusammen gefreut. So wurde auch optisch signalisiert: Wir alle gehören zusammen! Schüler*innen und Lehrer*innen kehrten anschließend wieder in ihre Unterrichtsräume zurück. Zu Beginn der dritten Phase wurden die Schüler*innen über eine kurze Ansprache über den Sinn der Aktion informiert (s.u.). Die Kolleg*innen wurden bereits am Sonntag über die Aktion informiert. Im Anschluss sind Schüler*innen und Lehrer*innen in ihren jeweiligen Kursen miteinander ins Gespräch gekommen. In den Gesprächen und Diskussionen wurde u.a. über die Fakten und den Inhalt der Deportationsphantasien aufgeklärt, wurde die Relevanz der Deportationsphantasien für die Schüler*innen selbst, unsere Schule, unsere Gesellschaft, unsere Demokratie bewertet und wurden Ängste angesprochen und nach Möglichkeit genommen. Die Kolleg*innen konnten die Gespräche mit einer Handreichung (Zusammenstellung von Fakten und Quellen, Gesprächs- und Unterrichtsimpulsen) vorbereiten. Zudem gab es seit Sonntag einen regen Chat-Austausch im Kollegium, in dem sich die Kolleg*innen gegenseitig auf gut geeignete Informationen und Materialien (Texte, Filme, Lieder u.a.) aufmerksam gemacht haben. Auch in weiteren Unterrichtsstunden, insbesondere bei den Klassenlehrer*innen, dürfte das Thema wieder aufgenommen und vertieft werden. Das Thema wurde in den letzten 1,5 Wochen auch im Unterricht einzelner Kolleg*innen behandelt. Wir gehen davon aus, dass die Schüler*innen von der Aktion und den Gesprächen auch zu Hause erzählen und mit ihren Eltern ins Gespräch kommen. Dies ist ein beabsichtigter Effekt der Aktion. Die Gesamtschule Kierspe gehört seit vielen Jahren dem Netzwerk Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage an. Wir sind eine Schule der Demokratie und sehen in der kognitiven und performativen Demokratieerziehung eine zentrale Aufgabe unserer Schule. Als Anerkennung für die vielfältigen Formen und Strukturen der Demokratiepädagogik an unserer Schule sind wir im November 2022 mit dem bundesweiten Preis für vorbildliche Demokratiepädagogik der Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik (DeGeDe) ausgezeichnet worden. Da die pädagogische Zielsetzung Priorität hatte, es sich bei der Aktion um Unterricht handelte und die für die Zielsetzung entscheidenden Gespräche zwischen Schüler*innen und Lehrer*innen in einem geschützten und vertrauten Rahmen durchgeführt werden sollten, haben wir uns dafür entschieden, die Aktion schulintern durchzuführen. Daher haben wir auch keine externen Gäste, wie z.B. Gordon Dudas, MdL, den Anti-Rassismus-Paten unserer Schule, eingeladen und auch die Presse nicht vorab informiert.