polenfahrt schueler

Anders als in den Projekten, welche jährlich an unserer Schule angeboten werden und sich höchstens auf den Raum um die Stadt Kierspe ausdehnen, hatten die Schüler des elften und zwölften Jahrgangs dieses Jahr nun schon zum zweiten Mal die Möglichkeit, ihre Projektwoche, in Form einer Studienfahrt, in der etwa 1050 km entfernten polnischen Stadt Krakau zu verbringen.

Wie auch bereits im letzten Jahr fand dieses Projekt großen Anklang in der Schülerschaft.

krakau kirche

Insgesamt sahen sich 37 Schüler, sowie die beiden betreuenden Lehrerinnen Ewa Grundmann und Alexandra Kowollik, welche selbst polnische Wurzeln besitzen und die Landessprache beherrschen, bereit dazu, die abenteuerliche Reise in unser Nachbarland anzutreten. Zusammen mit den zwei Busfahrern begann unsere Projektwoche bereits am Sonntag, gegen 23:00 Uhr an der Gesamtschule, von der wir nun, nach den ohnehin schon zweiwöchigen Herbstferien, eine zusätzliche Woche Auszeit nehmen durften.

Nach den anfänglichen Gesprächen über Erlebnisse in den Ferien, Erwartungen an die kommende Woche und etwas lauter Musik, kehrte Ruhe in die Reihen, auf denen sich nun größtenteils schlafende Schüler befanden. Bedauerlicherweise gab es jedoch Schüler welche währenddessen verzweifelt versuchten eine bequeme Schlafposition zu finden. Zumindest bis zu dem Punkt an dem sie ihr Schicksal akzeptierten und teils für die restliche Zeit der knapp 13-stündigen Hinfahrt, wach auf ihrem Sitzplatz, welcher definitiv zu wenig Freiraum bot, verharrten.

Doch selbst diese armen Schüler wurden spätestens am darauffolgenden Montag um ca.12:30, mit der Ankunft an unserem Hostel, welches nur einen kurzen Fußweg vom Stadtzentrum entfernt ist, von ihren Qualen erlöst. 

Nach einer kurzen Wartezeit konnten dann die Zimmer, bei denen es sich um kleine Appartements, bestehend aus Schlafzimmer, Badezimmer und vereinzelt einer Küche handelte, bezogen werden.

Anschließend folgte der erste Weg in die Stadt, zum Wechseln des mitgebrachten deutschen Bargeldes in die polnische Währung „Zloty“. Für einen Euro bekam man im Schnitt 4,3 Zloty. Mit dem frischen Geld war es den Schülern nun möglich, in einer der vielen Imbissbuden oder Restaurants, ein kleines Mittagessen zu bestellen. Sehr schnell wurde dabei klar, dass das Essen, mit unserem Heimatland verglichen, deutlich billiger ist.

Dieser stark verminderte Preis bedeutet jedoch keineswegs, dass die Gerichte auch schneller serviert werden. Dies mussten einige Schülern am eigenen Leib ertragen, als sie der bereits begonnen Stadtführung, in Begleitung von Pizzakartons, hinterherlaufen mussten.

Die dreistündige Stadtführung informierte die Schüler sowohl über Geschichte, als auch Fakten über die „Kulturelle Hauptstadt“ Polens, samt ihren Sehenswürdigkeiten. Zusätzlich bot sie ihnen die Chance, zahlreiche Kirchen, dutzende Denkmäler und einen der größten Marktplätze Europas zu besichtigen.

Ab 17:00 Uhr hatten die Schüler es dann doch geschafft und konnten nun entscheiden, ob sie die Stadt auf eigene Faust weiter erkunden oder das Erlebte bei einem gemütlichem Abendessen mit anschließendem Hostelaufenthalt zu verarbeiten. Ab 22:00 Uhr herrschte Nachtruhe, in der sich die Schüler in ihren Zimmern auf einen Tag vorbereiten mussten, welchen die meisten von ihnen wohl niemals vergessen werden.

Am Dienstag, dem 25. Oktober machte sich die Gruppe um 07:00 Uhr morgens, begleitet mit den vom Hostel gestellten Lunchpaketen, auf den Weg zum Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz. Dort fand vor etwa 75 Jahren der größte Massenmord der Menschheitsgeschichte statt.

schwarze wand auschwitz

„Dieser Ort sei allezeit ein Aufschrei der Verzweiflung und Mahnung an die Menschheit. Hier ermordeten die Nazis etwa anderthalb Millionen Männer, Frauen und Kinder. Die meisten waren Juden aus verschiedenen Ländern Europas. Auschwitz – Birkenau 1940 – 1945“, so eine Tafel im Vernichtungslager Birkenau, welche in ca. 30 Sprachen übersetzt wurde.

Die Führung durch das Stammlager und dem zweiten der drei Lagerkomplexe „Birkenau“ dauerte etwa drei bis vier Stunden. Besichtigt wurden unter anderem Häftlings, sowie SS-Baracken, Verwaltungs- und private Häftlingsdokumente, die sogenannte „Schwarze Wand“, an der zahlreiche Erschießungen stattfanden, oder die Ankunftsrampe in Birkenau, auf der, bei sogenannten Selektionen, in nur wenigen Augenblicken über Leben und Tod eines Menschen entschieden wurde.

 

stacheldraht auschwitzAnders als an den restlichen Tagen, war verständlicherweise niemandem während dieses Ausflugs nach Spaß oder Freude zumute. Dieser kehrte erst bei der Rückfahrt nach Krakau zurück. Nach der Ankunft, welche um ca. 14:00 Uhr erfolgte, hatten die Schüler für den Rest des Tages Zeit, die sie erneut frei nutzen konnten um etwa das Ersparte im riesigen städtischen Einkaufszentrum loszuwerden, eines der wöchentlichen kirchlichen Ereignisse zu besichtigen oder aber ganz für sich über das Gesehene nachzudenken. Denn schließlich erlebt man so etwas nicht alle Tage. Ein Ort, an dem Menschen ihre Artgenossen mit unvorstellbaren Mitteln ermordet und beseitigt haben.

 

Am Mittwoch ging es ähnlich früh los. Dieses mal jedoch ins Salzbergwerk im naheliegenden Ort Wieliczka. Nachdem man die gefühlt endlose Treppe nach unten bewältigt hatte, befand man sich ca. 100 Meter unterhalb des Bodens auf dem man eben noch auf den Einlass gewartet hatte. Nach etwa zwei Stunden voller Wände ablecken, alten Mythen über das Bergwerk hören, Kleingeld in Salzwasser schmeißen und Souvenirs kaufen, ging unsere Reise nach einer kurzen Pause weiter in ein Naturschutzgebiet.

Wer sich jedoch auf einen entspannten Spaziergang beim Erblicken gewaltiger Schönheiten von Mutter Natur eingestellt hatte, wurde sehr schnell aus seinen Träumen geholt. Denn um dort hinzukommen musste ein Waldweg, welcher lästiger nicht sein konnte, zurückgelegt werden. Verschmutzte oder kaputte Schuhe, sogar Stürze in den nassen Matsch waren also nicht zu vermeiden. Nach dem göttlichen Anblick der Landschaft, welche sich danach jedoch in Form von gigantischen Felsen zeigte, hatte sich der holprige Weg für die meisten dennoch gelohnt. Ein Anblick, welcher einem im Sauerland meist erspart bleibt.

Nachdem dieser Tag erneut mit Freizeit endete, startete Donnerstag, der letzte Tag der Studienfahrt, nach dem Packen des Gepäcks, gegen 09:00 Uhr, mit einem gemeinsamen Frühstuck in einem nahen Lokal, gefolgt von einer letzten Freizeit, auf der sich jedoch jeder Schüler einem kulturellen Ort oder einer Sehenswürdigkeit widmen und dieses dokumentieren sollte. Darunter fielen die Besuche von Kirchen oder Museen, wie der ehemaligen Fabrik von Oskar Schindler, in der eine Führung zum Thema „Polen unter deutscher Besatzung 1939-1945“ eingebaut wurde, um ein Beispiel zu nennen.

Um 17:00 Uhr fanden sich alle im selbigen Lokal wie am Morgen, zum gemeinsamen abschließenden Abendessen wieder. Um 19:00 Uhr hieß es dann Abschied nehmen. Abschied von Menschen, die einen beim Hören der deutschen Sprache als wütend oder unfreundlich einstufen, von traumhaften Preisen für Essen, Getränke und so ziemlich allen anderen materiellen Gütern oder von dem hellhörigen Hostel, welches manch lauten Schülern zum Verhängnis wurde. Nun hieß es wieder eine Qual für große Schüler, welche zusätzlich zum Platzmangel nun auch noch Schlafmangel, welcher sowieso in großen Mengen vorhanden war. Nach gutem Bewältigen des Verkehrs kehrte die Truppe der Schüler und ihren Lehrerinnen am Freitag um 07:45 Uhr erschöpft und übermüdet an der Gesamtschule an, wo sie zunächst von verwirrten Blicken der anderen, welche zum letzten Tag der Projektwoche erschienen, durchlöchert wurden.

Die Studienfahrt nach Krakau 2016 ist nun beendet. Den meisten wird sie wohl als witzig, anstrengend und horizonterweiternd in Erinnerung bleiben. Bei einer Sache war sich aber jeder einer Meinung: In den nächsten Tagen hatte der Schlaf die wohl höchste Priorität.  

 (Max Schmiedner)

 

gruppenbild polenfahrt